Patentanwalt Dr. Stefan Gehrsitzvon Dipl.-Phys. Dr. Stefan Gehrsitz

Patentanwalt Dr. Stefan Gehrsitz, Charrier Rapp & Liebau

Das neue europäische Einheitspatent: So wird es beantragt

Ab Juni 2023 tritt das neue europäische Patentsystem in Kraft. Es eröffnet die Möglichkeit, europäische Patente mit einheitlicher Wirkung für fast alle EU-Staaten zu erwirken. Dies spart Kosten und erleichtert Erfindern die Validierung des Patents in einzelnen Vertragsstaaten des europäischen Patentübereinkommens. Doch wie können Patentanmelder das neue Einheitspatent beantragen? Patentanwalt Dr. Stefan Gehrsitz von der Patentanwaltskanzlei CHARRIER RAPP & LIEBAU beleuchtet, auf was Patentanmelder jetzt achten müssen.

Die Inhaber einer europäischen Patentanmeldung können eine einheitliche Wirkung des auf die Anmeldung zur Erteilung kommenden europäischen Patents (das Einheitspatent) beim Europäischen Patentamt (EPA) innerhalb eines Monats ab Veröffentlichung der Erteilung des europäischen Patents beantragen. Dafür ist ein formeller Antrag beim EPA und eine Übersetzung der Patentschrift in eine der beiden anderen Verfahrenssprachen des EPA notwendig. Ist die Verfahrenssprache des europäischen Patents bspw. Deutsch, so muss entweder eine englische oder eine französische Übersetzung der Patentschrift erfolgen.

Was kostet das neue Einheitspatent?

Das Prüfungs- und Erteilungsverfahren und auch die dafür anfallenden Kosten für das neue Einheitspatent unterscheiden sich bis zur Erteilung zunächst nicht vom bisherigen Erteilungsverfahren des europäischen Patentübereinkommens (EPÜ). Je nach Verlauf des Prüfungsverfahrens müssen Patentanmelder mit einem Betrag von durchschnittlich 7.000 Euro bis 20.000 Euro, einschließlich amtlicher Gebühren, rechnen. Nach der Erteilung verringern sich allerdings beim neuen Einheitspatent die Kosten für die Validierung. Grund dafür ist, dass an Stelle einer Validierung in einzelnen (vom Anmelder ausgewählten) EPÜ-Vertragsstaaten mit den dafür notwendigen Übersetzungen der Patentschrift in mehrere Sprachen lediglich die Beantragung der einheitlichen Wirkung ansteht.
Für die Aufrechterhaltung eines Einheitspatents müssen die Inhaber ausschließlich die Jahresgebühren für das Einheitspatent zahlen. Die bisherigen nationalen Jahresgebühren für die ausgewählten EPÜ-Vertragsstaaten fallen weg. Sowohl bei den Kosten für die Erwirkung als auch für die Aufrechterhaltung ist das Einheitspatent im Vergleich zum bisherigen System der nationalen Validierungen günstiger, wenn eine Validierung in drei oder mehr EPÜ-Vertragsstaaten vorgenommen werden soll.

Welchen Geltungsbereich hat das neue Patentsystem?

Das Einheitspatent entfaltet in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union seine Wirkung. Voraussetzung dafür ist, dass die Länder zum Zeitpunkt der Beantragung des Einheitspatents am neuen Patentsystem teilnehmen und das zugrundeliegende Übereinkommen (EPGÜ) ratifiziert haben. Aktuell haben bereits 17 Mitgliedsstaaten der EU das EPGÜ ratifiziert. Insgesamt werden nach und nach 24 der 27 EU-Staaten das EPGÜ ratifizieren. Davon ausgeschlossen sind die EU-Staaten Spanien, Polen und Kroatien. Wichtig ist, dass die Wirkung eines Einheitspatents nach der Beantragung nicht auf nachträglich teilnehmende Mitgliedsstaaten erstreckt wird.
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